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AutorenbildTeresa

Hintergrundwissen fürs Yoni Steaming: Trauma und Nervensystem


Wenn du Yoni Steaming praktizierst oder vielleicht sogar als Fachfrau andere Frauen ins Steaming einführst, kann dir Hintergrundwissen aus der Traumaforschung und -therapie helfen, bestimmte Situationen besser einzuordnen bzw. traumasensibel zu begleiten.


Dieser Blogartikel vermittelt dir ein erstes Verständnis des Begriffs „Trauma“ auf der Grundlage des Somatic Experiencing. Du erfährst, wie Trauma entstehen kann und wie die somatische Körperarbeit (traumaassoziiertem) Stress im Körper begegnet. Am Ende des Artikels lernst du ganz konkret eine praktische Übung aus der somatischen Körperarbeit kennen.


Was ist Trauma?


Vielleicht denkst du bei Trauma zuallererst an das, was sich nach einem schweren Unfall, einer Vergewaltigung oder einem anderen schrecklichen Ereignis zeigen kann: Angst, Schock, Starre, Lähmung, vielleicht sogar Panik, die es schwer macht, das frühere Leben weiterzuleben. Tatsächlich sind all das mögliche Ausprägungen von Trauma, hier sprechen wir von Schocktrauma. Somatic Experiencing fasst den Begriff aber noch weiter.


Trauma kann auch in vielen kleinen Alltagssituationen entstehen, ohne an ein bestimmtes Ereignis gekoppelt zu ein. Das kann zum Beispiel Kindern passieren, die zuhause wenig emotionale Sicherheit erfahren, vielleicht weil ihre Eltern ihrer eigenen Überforderung, Angst oder Wut ausgeliefert sind. Oder Babys, die - wie es lange üblich war - nach der Geburt im Krankenhaus tagelang getrennt von der Muter im "Säuglingszimmer" lagen und deren nächtliches Schreien auch zuhause nicht mit Zuwendung, Nähe und Körperkontakt beantwortet wurde ("Jedes Kind kann schlafen lernen" lässt grüßen). Für Kinder bedeutet das Stress, im schlimmsten Fall als Dauerzustand. Folgt dem erlebten inneren Stress keine Phase der echten Entspannung, schreibt sich dieser Zustand gewissermaßen ins Nervensystem ein. Hier sprechen wir von Bindungs- oder Entwicklungstrauma. Später im Leben können Personen, Orte, Situationen oder Ereignisse, die von Außen betrachtet eigentlich nicht schlimm sind, das alte Trauma triggern – und sofort schaltet der Körper wieder in „Stress“. Die Betroffenen wissen dann oft gar nicht, was los ist. Und noch weniger, wie sie sich akut helfen könnten.


Trauma kann auch im Erwachsenenleben entstehen, ohne als solches begriffen zu werden, zum Beispiel in der Sexualität: wenn Frauen immer wieder über ihre Grenzen gehen, obwohl Consent da ist. Das kann zu einem chronischen Muster im Nervensystem führen. Auch hier haben wir es mit innerem Stress zu tun, der im Körper stecken bleibt und womöglich immer wieder "getriggert" wird, anstatt sich auf gesunde Weise zu regulieren.


Wilde Tiere vollenden ihre Stresszyklen


Wie könnte so eine gesunde Regulierung - vielleicht auch nachträglich - aussehen? Die Tierwelt macht es uns vor. Stell dir eine Antilope vor, die von einem Löwen gejagt wird, aber entkommt. In dem Moment, in dem die Antilope die Gefahr wahrnimmt, schaltet alles in ihrem Körper auf „Fight or Flight“, kämpfen oder flüchten. Der Herzschlag wird schneller, mehr Blut wird in die Extremitäten gepumpt, der Blick fokussiert sich, Muskeln spannen sich an. Das alles passiert nicht bewusst, sondern innerhalb von Sekunden auf der Ebene des autonomen Nervensystems. Die Antilope erfährt inneren Stress. Der ist notwenig, um im Überlebenskampf zu bestehen.


Ist die Flucht gelungen, machen es alle Tiere ähnlich: Der Phase des erlebten Stresses folgt eine Phase des körperlichen Stressabbaus. Angekommen an einem sicheren Platz schaut sich die Antilope um. Sie orientiert sich und überzeugt sich, dass sie wirklich sicher ist. Danach kann es sein, dass sie sich am ganzen Körper schüttelt. Damit baut sie die Spannung ab, die jetzt vielleicht noch im Körper steckt – aber nicht mehr benötigt wird. Dann legt sie sich hin und ruht sich aus. Nach einiger Zeit ist das Nervensystem wieder im Normalzustand. Der Stresszyklus ist vollendet und das Tierleben geht ohne bleibende Schäden weiter.


Auch Homo Sapiens können Stresszyklen vollenden


Auch wir Menschen sind Säugetiere, das vergessen wir manchmal. Zwar flüchten wir in der Regel nicht vor Löwen, aber das Verrückte ist: In unseren Säugetierkörpern laufen bei innerem Stress trotzdem die gleichen Prozesse ab. Plötzliche Überforderung auf der Arbeit? Fight oder Flight! Jemand, der dich im Streit triggert? Fight oder Flight! Tatsächliche oder gefühlte Gefahrensituationen mit deinen Kindern? Fight or Flight! Du merkst das vielleicht an deinem klopfenden Herzen oder an deinem Nacken, der ganz starr und fest wird. Vielleicht erlebst du dich noch Stunden später in einem fahrigen Zustand der Alarmiertheit.


Die gute Nachricht ist: Auch bei uns funktionieren die Stressentladungsstrategien der Tiere. Im Fight or Flight Modus kann rennen, sich schütteln oder abklopfen, Musik hören und lauthals mitsingen, im Wald schreien oder weinen helfen – kurz: alles, was unserem inneren Zustand in dem Moment einen angemessenen körperlichen Ausdruck verleiht (dass andere dabei nicht zu Schaden kommen dürfen, versteht sich von selbst). Danach stellt sich – wie bei der Antilope – in der Regel körperliche und seelische Erschöpfung ein. Jetzt ist Ruhen eine gute Idee. Der Körper hat einiges geleistet. Er braucht Regeneration. Nach einiger Zeit wirst du merken: Die Stresshormone Adrenalin und Cortisol sind raus aus dem Körper. Du bist wieder du selbst.


Wichtig ist der gegenwärtige Moment


Was aber, wenn du nicht einfach nur mal Stress erlebst, sondern der sich durch ungesunde Wiederholung tief in dein Nervensystem eingeschrieben ist? Wenn du merkst: Da sind starke Stressreaktionen in dir, die automatisiert ablaufen und denen du dich ausgeliefert fühlst? Was, wenn du gar nicht weißt, was der Ursprung deines Traumas ist?


Im Somatic Experiencing geht es – anders als zum Beispiel in der Psychoanalyse oder anderen Therapieformen – gar nicht darum, zum Ursprung oder Grund des Traumas vorzudringen. Es geht darum, im JETZT wahrzunehmen, wie der Körper reagiert und ihm im JETZT Sicherheit, Entspannung und sogar Genuss zu ermöglichen. Wenn das immer öfter – vielleicht sogar dauerhaft – gelingt, ist es womöglich gar nicht mehr so wichtig zu wissen, was früher einmal schief gelaufen ist.


Eine ganz simple Übung aus dem Somatic Experiencing geht zum Beispiel so: Gehe, wenn du Stress im Körper wahrnimmst, umher und lasse deinen Blick schweifen. Bewege deinen Kopf, schaue dich um und nimm wahr, was dich an visuellen Reizen erreicht. Verweile mit deiner Aufmerksamkeit auf 3 visuellen Eindrücken, die dir spontan gefallen oder guttun und benenne sie in Gedanken. Wenn du diese Übung im Wald machst, könnten diese Eindrücke zum Beispiel sein: "Knorriger Baumstamm", "Sonnenbeschienenes Buchenblatt", "Moos". Lasse diese Informationen tief in dein System einsickern. Letztlich machst du damit etwas ähnliches wie die Antilope in unserem Beispiel: Du scannst die reale Umgebung ab und dein Nervensystem erfährt: Hier bin ich sicher! Wenn diese Information wirklich bei dir angekommen ist, kann der Teil des autonomen Nervensystems aktiv werden, der für Ruhe und Entspannung zuständig ist: Der Parasympatikus, umgangssprachlich auch "Ruhenerv".


Yoni Steaming im Kontext von Trauma


Wie kann Yoni Steaming im Kontext von Trauma wirken? Eine spannende Frage, die ich im Blogartikel Trauma-Release und Nervensystemregulierung – mit Yoni Steaming? beantworten werde, der in den nächsten Tagen erscheinen wird.


Falls du Übungen aus der Somatischen Körperarbeit in einem geschützten Rahmen ausprobieren und in Verbindung mit Yoni Steaming erleben möchtest, lade ich dich herzlich ein zum Online-Workshop Embody your Womb am 2.11.2024 von 15.30 – 18.30 Uhr. Darin bringen die somatische Psychotherapeutin Dörte Stanek und ich Somatische Körperarbeit und Yoni Steaming zusmmen. Du wirst staunen, wie gut sich die beiden Methoden ergänzen.


Hier geht’s zum Online-Workshop Embody your Womb.

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